Chemnitz im Januar 2012
Paedophryne amauensis ist ein 7 mm großer Frosch und das kleinste Wirbeltier der Welt, wie amerikanische Forscher entdeckten. Für die Deutschen war der Januar 2012 von Schlecker-Insolvenz, Schiffsunglück und der präsidialen Wurstzerlegung (wieso eigentlich Salami?) geprägt. Außerdem wurden die Döner-Morde als Unwort des Jahres bestimmt. Für die Chemnitzer begann das neue Jahr hingegen mit einer Aufregung, hatte sie doch tatsächlich die taz für ihr Rübezahl-Ressort mit dem langen Bart auserkoren. Hier die Top 10 der Meldungen aus Chemnitz im Januar 2012, sozusagen die inoffizielle Stadtchronik:
10. Herzlich Willkommen
Der kleine Dusty ist wieder daheim! Dort, wo der Dreijährige hingehört! Spielen kann er dort, toben und ab und an ein paar Knochen abnagen. Dusty, der Dobermann. Die Polizei fand ihn in einer nahen Wohnung. Er war das Diebesgut, was die Täter aus der Gartenlaube des Halters mitgehen ließen. Aber jetzt ist Dusty wieder zu Hause und kann wieder Wachhund „spielen“.
09. Conti-Loch
Eines der wenigen Überbleibsel aus der Zeit, wo die Nachwende-Euphorie in Chemnitz wütete, soll verbaut werden. Dort, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, also in der Chemnitzer Innenstadt, ist eine neue Einkaufspassage geplant. Das Conti-Loch könnte schon bald aus der Liste der Top-Sehenswürdigkeiten bei Wikipedia verschwinden. Bald, vielleicht.
08. Daueroptimisten
Trotz gefeierter 10805 Zuzüge verlor die Stadt wohl 205 Einwohner im vergangenen Jahr. Aber das ist zumindest ein Trend. Konservative können sich also dank dieser Stetigkeit sicher fühlen.
07. Jugendfailberge
100 Übernachtungsgäste der neuen Chemnitzer Jugendherberge waren zu zeitig. Wieder einmal verzögert sich eine Baufertigstellung in der Stadt. Schuld daran sind die total überraschend zur Party erschienenen Frau Feuchtigkeit und Frau Statik. Und die Gäste? Die wurden mit ihrer Tagung einfach in ein teueres Hotel umgebucht. Ob die unzufrieden sind, interessiert doch nicht. Wer kommt schon ein zweites Mal nach Chemnitz?
06. Trifft mich das Schlagloch
Was die Bratwurst für den Schreiberling im Sommer ist, muss wohl das Schlagloch im Winter sein. Wie schon im Jahr 2009, 2010 und im Januar 2011 sind auch dieses Jahr wieder die themen- und lochfressenden Monster unterwegs. Wer erinnert sich noch an die Aktion der Freien Presse das beste Schlagloch mit einem Teufel zu prämieren? Hach, das waren noch die guten alten Zeiten des Journalismus.
05. Brandstifterinnen, Mörderinnen, Unterstützerinnen
Der StuRa der TU wird künftig in allen Dokumenten und Schriftstücken als allgemeine geschlechtsspezifische Bezeichnung das generische Femininum verwenden. So heißt es z.B. im Stura-Organ (und das ist kein Scherz!) über „braune Mörderinnen“:
Manch einer scheint mit seinem Studium unterfordert.
04. Wurstjournalismus
Die Geschichte der Morgenpost um die Gemeindesprecherin Manja Tittlowski, die nackten Jungfern von Drebach, Gemeinderat Manfred Ficker und BauhofÂleiter Roland Musch mit seinem Mitarbeiter Johannes Sack war der Höhepunkt für viele Chemnitzer im Januar. Dabei ist der Morgenpost ein Fehler unterlaufen, wie ein Flurfunk-Kommentator schreibt: Frau Tittlowski heißt eigentlich Tittlowitz: „Mit dem richtigen Namen wäre es aber zu witzig geworden.“
03. Gott ist ein Klingelton
Jeder spricht über Kraftklub, auch MTV natürlich. Der erste Platz, eine Sensation. Dazu schreiben die Redakteure der Viacom-Tochter: „Ein neuer Hype bahnt sich seinen Weg: Kraftklub könnten 2012 mit ihrem Debüt „Mit K“ zu einer der Konsensbands des deutschsprachigen Independent werden und kommen dafür nicht aus Berlin. Sondern sind überall daheim.“ MTV ist wirklich nicht unsere Religion.
02.Unlösbares Rätsel
Die Statistik weist mehr Männer als Frauen aus und auch mit der Zahl der Beschäftigten stimmt was in deren Verhältnis nicht. Aber wo sind die Frauen? Sind sie etwa weggezogen? Experten von Arbeitsamt, Wirtschaftsförderung und Uni „rätseln“.
01. Hauptstadt des Grauens
Wenn man aus den vielen hundert positiven Kommentaren zum taz-Artikel „Cui Bono?“ ein Lied machen würde, wären die Lobsänger wohl ziemlich heiser. Damit ist zur Frage in der Artikelüberschrift alles gesagt. Es zeigt sich wiederholt, dass die papierschändenden Zeitungs- und Magazinmacher es eben nicht nur in Chemnitz schwer haben, immer aufs neue ihre Seiten zu füllen. Umso bemerkenswerter ist dies, da der Artikel erst übers Internet eine Verbreitung gefunden hat. Da hilft auch keine iPad-Version weiter, aber wer würde sowas schon herausbringen: eine Zeitung als App?!
Eine Antwort auf „Chemnitz im Januar 2012“